Vom 11. bis 13. Juni 2025 treffen sich die Innenminister:innen der Bundesländer in Bremerhaven, um über zentrale Fragen der deutschen Innenpolitik zu beraten. Unter dem Vorsitz von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer sind fünf Themen gesetzt – darunter Migration, innere Sicherheit, Gewaltprävention und der Umgang mit Extremismus.
Als Dachverband afghanischer Organisationen in Deutschland erleben wir täglich, wie politische Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene das Leben von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte prägen – in Erstaufnahmeeinrichtungen, Schulen, Kommunen und Vereinen. Wir sprechen aus der Perspektive einer Diaspora, die selbst betroffen ist, sich aber zugleich seit Jahren aktiv für das Gelingen von Integration und sozialen Zusammenhalt einsetzt.
Besonders Menschen mit afghanischer Herkunft erleben derzeit große Unsicherheit: Die Aufenthaltssituation vieler Geflüchteter ist ungeklärt, Integrationsangebote sind regional ungleich verteilt oder kaum zugänglich, und viele Afghan:innen leben über Jahre hinweg in belastender Perspektivlosigkeit. Abschiebungsandrohungen trotz instabiler Sicherheitslage in Afghanistan verschärfen das Gefühl der Ohnmacht. Als afghanische Diaspora fordern wir, diese Realität in der Innenpolitik ernst zu nehmen – und Integration nicht als abstrakten Begriff, sondern als konkrete Verantwortung zu verstehen.
Offener Brief an den IMK-Vorsitzenden Ulrich Mäurer
Sehr geehrter Herr Senator Mäurer, mit Respekt vor Ihrer Aufgabe und den komplexen Herausforderungen dieses Jahres wenden wir uns an Sie mit einem Anliegen aus der Zivilgesellschaft. Die Innenministerkonferenz 2025 findet in einer Zeit statt, in der viele Debatten umMigration, Sicherheit und Extremismus wieder aufgeheizt und verkürzt geführt werden. Auch Ihre Aussagen zur „ungesteuerten Zuwanderung“ zeigen, wie stark Migration derzeit als Problemrahmen verhandelt wird.
Doch wer über Migration redet, muss über Integration sprechen.
Und wer Integration ernst nimmt, erkennt ihre Bedeutung für gesellschaftliche Stabilität, Resilienz – und damit auch für die innere Sicherheit. Diese Trennung ist nicht nur semantisch wichtig, sondern entscheidend für zukunftsfähige Politik.
Wir bitten Sie und die Innenminister:innen darum, die Perspektiven migrantischer Communitys in Ihre Beratungen einzubeziehen – nicht nur als Objekte staatlicher Maßnahmen, sondern als Teil der Lösung.
4 Impulse für die IMK 2025
Rechte und Schutz statt nur Steuerung und Kontrolle
Die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) darf nicht zur Entrechtung Schutzsuchender führen. Wir fordern faire Verfahren, unabhängige Beratung, und eine menschenrechtskonforme Praxis – auch in den Bundesländern.
Integration ist keine Pflichtaufgabe der Betroffenen allein
Integration gelingt nicht nebenbei. Sie braucht Ressourcen, psychosoziale Unterstützung, Sprachförderung, Zugänge zum Arbeitsmarkt und die aktive Anerkennung migrantischer Lebensrealitäten.
Innere Sicherheit braucht Vertrauen, nicht nur Technik
Radikalisierung entsteht dort, wo Isolation, Perspektivlosigkeit und Diskriminierung aufeinandertreffen. Communitys, wie die Menschen mit afghanischer Migrationsgeschichte leisten tagtäglich Präventionsarbeit, stärken demokratische Werte und bauen Brücken. Dies sollte gefördert, nicht übersehen werden.
Beteiligung statt Polarisierung
Demokratie lebt vom Mitmachen. Wer migrantische Organisationen einbindet, statt sie zu ignorieren, stärkt unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit unser Zusammenleben langfristig.
Wir stehen bereit – zum Austausch, zur Zusammenarbeit, zur Mitgestaltung.
Die IMK kann ein starkes Signal senden: Dass Sicherheit, Menschenrechte und gesellschaftlicher Zusammenhalt keine Gegensätze sind – wenn Integration als gemeinsame Aufgabe verstanden wird.